Ein Universum vieler Falten

Wenn nichts von Bedeutung ist, weil jede Sache, jede Version und Variante eines jeden Ereignisses irgendwo existiert, warum sollten wir uns dann um das scheren, was wir genau hier in unserem eigenen Universum erleben? Diese Frage ist es, die die beiden Daniels kontinuierlich aus dem Handlungsblock ihrer Geschichte filmisch hervorschnitzen und das Szene um Szene um Szene. Zu sehen und zu hören gibt es hier so gut wie alle Stilrichtungen, alle Stimmungen und Erzähltechniken. Ein Lied wie ein Universum vieler Falten und doch kratzt es gerade mal so an der Oberfläche der unendlichen Möglichkeiten des Daseins da draußen.

Auch wenn der Film seine Pracht und Extravaganz lautstark von sich gibt, gelingt es Everything Everywhere All at Once auch die unvermeidlichen leiseren Töne zu treffen und diese spielt er auf eine wunderschöne Art und Weise, die direkt zum Publikum spricht, welches zunächst lauthals mitlacht und dann von einer Sekunde auf die andere gedankenversunken schweigt, wenn der Film es dazu anregt, nicht nur über den individuellen Platz im Universum zu sinnieren sondern gleichermaßen auch über die Spezies Mensch als Ganzes.

Von den vielen Menschen, die bereits ins Weltall geflogen sind, hört man häufig vom Erlebnis einer neu gewonnenen Bewunderung für diesen unseren Planeten von hoch dort oben und doch gibt es auch hier am Boden Menschen, die sich wünschen, dass wir eine „kosmische Perspektive“ auf die Dinge einnehmen, wie Neil deGrasse Tyson es formuliert, und wo, wenn nicht in diesem dunklen Saal, den wir uns mit Fremden teilen, um Filme anzuschauen, könnte es uns gelingen, diesem Wunsch nachzukommen, indem wir zu Zuschauern werden, zu Zuhörern, die dazu angehalten sind, die Bilder und Klänge fremder Köpfe und Andersdenkender auf sich wirken zu lassen und darüber zu reflektieren?

Das Kino hat die Macht uns Welten zu zeigen, die sein könnten aber auch Welten, die nicht sein sollten und es kann uns dabei helfen, uns mit der Welt zu versöhnen, in der wir uns befinden und das ohne ein überwältigendes Gefühl der Resignation, sollten die negativen Aspekte in dieser Welt überwiegen. Mir scheint, als wollten die Daniels uns eine positive Botschaft vermitteln, die sich inspirierend aber auch gewöhnlich anfühlt, um das Ganze als Film zu verstehen, in dem es darum geht, den Status quo zu akzeptieren aber sich trotzdem einen positiven Blick auf die Dinge zu bewahren und mit emotionaler Aufrichtigkeit – von der es hier viel gibt – kriegt man mich immer und daran hat hier insbesondere Ke Huy Quan einen großen Anteil. Es stellt sich raus, der Gute ist nicht zum neuen Indy herangewachsen, sondern eher zum neuen Jackie Chan, so authentisch komisch sind seine humorvollen Szenen und so beeindruckend fallen seine Kampfkünste hier aus.