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James McTeigues V wie Vendetta

Verbrechen, Verschwörung, Verrat und eine Vichyssoise aus Verbalitäten

Das Konzept eines Lieblingsfilms ist für mich irgendwie nur schwer zu greifen, aber wenn man mir gestattet, eine oder auch zwei Handvoll Filme zu nennen, dann wird es V wie Vendetta bei mir immer in die engere Auswahl schaffen. Es ist ein Film, der schon früh Eindruck bei mir hinterließ, als ich ihn das erste Mal mit 16 Jahren im Kino sah, und der mich seitdem unaufhörlich beeinflusst, bewegt und getröstet hat und das viele Male über die Jahre, denn seine Stimmung, seine Figuren und sein Gespür für den Blick auf die Dinge und deren Klang sprechen ohne Umwege zu mir und das in so ausgeprägter Weise, dass ich nicht anders kann als meine Gedanken zum Film endlich mal in einen zusammenhängenden Text zu stecken, der die Summe seiner Einzelteile feiert, indem er deren individuelle Stärken würdigt. Seine Themen sind zeitlos und seine Art die Geschichte zu erzählen ist fesselnd und ergreifend. Der Film ist für mich trotz seines noch recht jungen Alters bereits ein unmittelbarer Klassiker, der zeitlebens einen besonderen Platz in meinem Herzen haben wird.

Verfasser

Ralf

Nov 5, 2022

© 2006 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.

Die Tatsache, dass ich den Film nicht nur bereits zahlreiche Male seit Erscheinen gesehen habe, sondern sogar jährlich seit mindestens neun aufeinanderfolgenden Jahren, dürfte jedem zeigen, wie sehr ich diesen Film liebe. Wie ein Uhrwerk kehre ich jedes Jahr zu diesem Film zurück, um sowohl den Tag zu ehren, den 5. November, als auch das Symbol, die Ideen für die V steht und, um nie die Gräueltaten zu vergessen, die Menschen imstande sind anderen Menschen anzutun, wenn sie von selbstsüchtigen Leitfiguren angeführt werden, die sich in ihrer Rhetorik einer Ideologie bedienen, der sie selber nicht mal folgen und das nur, um in eine Machtposition zu kommen und dort zu bleiben, bis sie schließlich das Land und die Leute darin ausgequetscht haben und die Ignoranten von den Problemen der Menschheit abgelenkt haben, indem sie mit dem Finger auf jemand anderen zeigen und diesen als bequemen Sündenbock für deren persönliche Probleme verschreien.

Ich finde es nicht übertrieben zu sagen, dass dieser Film mit jedem Jahr das vorübergeht immer bedeutsamer wird und vermehrt dokumentarische Züge annimmt, und das ist eine Tatsache, die man vermutlich eher bedauert als bejubelt doch, in den Nachwehen autoritärer Tyrannen, die sich vergeblich an ihre Macht klammerten, und des Nationalismus, der in gewissen Teilen der Welt zwar wieder Anklang findet aber dafür in anderen überwunden wird, erfüllt mich der Film dennoch mit einem gewissen bittersüßen Gefühl der Hoffnung. Wenn genug Menschen die Welt wirklich zum Besseren verändern wollen, kann das auch gelingen, wenn jede und jeder Einzelne von uns auf die Art dafür kämpft, die ihr oder ihm am ehesten liegt – selbst wenn wir inmitten des Kampfes das Gefühl haben, dass wir uns immer weiter und weiter von dieser gewünschten Realität entfernen, anstatt ihr näher zu kommen. Die Parallelen zwischen dem Film und unserer jüngsten Vergangenheit und Gegenwart sind schockierend offensichtlich; wurden wir doch Zeuge eines Unerbittlichen Schwadronierenden Autoritär-Regimes von Möchtegern-Männern, deren Schlachtruf das Zählen von rechtmäßig abgegebenen Wählerstimmen zu verhindern suchte. Da wird es schwer, diese Geschichte als inspirierenden Eskapismus zu sehen und doch sind all dessen Aspekte darin zu finden: die Emotionen, die Figuren, sowie die Ideen, für die sie einstehen, für die sie kämpfen, für die sie sterben.

© 2006 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.

„Drei Jahre lang hatte ich Rosen und ich hab‘ mich bei niemandem entschuldigt.“

Es steckt so unglaublich viel Schönheit in diesem Film, dass ich einfach bei jeder Sichtung mehrfach an verschiedenen Stellen zu Tränen gerührt werde und das, obwohl ich genau weiß, wie die Handlung verlaufen wird. Rückblenden werden zwar manchmal als faules, ein die Auflösung verzögerndes erzählerisches Stilmittel betrachtet, können aber so viel mehr sein als nur das, wenn sie richtig eingesetzt werden und wenn sie so gut gemacht sind wie hier in V wie Vendetta. Die Rückblenden im Film werden auf solch eine lebendige und extrem bewegende Art und Weise erzählt und das gilt ebenso für die Nebengeschichten, die darin stattfinden. Wobei, so richtige Nebengeschichten sind das eigentlich gar nicht. Jedes Ereignis in der Vergangenheit erzeugt ein spürbares Echo, das bis in die Gegenwart hineinreicht und jede Handlung in der Gegenwart erzeugt ein Echo in die Zukunft und sie alle fügen sich zusammen und versetzen einander in Bewegung, so wie Dominosteine, die man in Bewegung gesetzt hat – es bedarf nur eines Dominosteins, um die anderen vorwärtszudrängen. Das ist letztlich die Botschaft, die der Film vermittelt und sie ist auf emotionale Weise ansprechend und wird vom bereits verstorbenen Kameramann Adrian Biddle in wunderschönen Bildern eingefangen.

Für die Cineasten unter euch da draußen sei gesagt, dass Biddle in seiner überwältigenden Kameraarbeit jede Menge Split Diopter Einstellungen verwendet und die Filmmusik von Dario Marianelli ist wundersam trübsinnig und episch zugleich, da sie nicht nur unvergessliche Stücke der klassischen Musik geschickt im Film platziert, sondern auch bei Bedarf in den Action-Modus schaltet.

Bei der Besetzung ist es eigentlich eine ziemlich große Schmach, dass Hugo Weaving bei den Oscars nicht berücksichtigt wurde. Dabei ist der Film doch ein regelrechter Beweis für die Talente des Mannes in der Ausübung seines Berufs, und dafür, dass er selbst durch eine Maske so schauspielern kann wie hier, und das ohne, dass sein Gesicht auch nur ein einziges Mal im Film zum Vorschein kommt. Auch die weitere Besetzung ist gleichermaßen beeindruckend, mit Natalie Portman im Besonderen, die ihren Wechsel vom demütigen Mädchen für alles hin zu einem selbstsicheren, furchtlosen Menschen glaubwürdig darstellt, aber die wohl geistreichste Performance bietet vermutlich der bereits verstorbene John Hurt in der Rolle des abscheulichen Adam Sutler, den man zunächst nur von Großleinwänden schreiend vor sich sieht, bis er dann am Ende sein jämmerliches wahres Gesicht zeigt.

„Ja, ich habe eine Lüge erschaffen, aber weil du sie geglaubt hast, hast du etwas Wahres über dich selbst erfahren.“

Genau dieses Zitat ist übrigens meine Sicht auf die Beziehung zwischen Filmemachern und ihrem Publikum. Es beschreibt so ziemlich genau, wie man Filme schauen sollte. Und doch hat der Film noch so viele weitere großartige Zitate zu bieten:

„Remember, remember, the 5th of November...“
„Gewissheit gibt es nicht. Nur Gelegenheit.“
„Ein Volk sollte keine Angst vor seiner Regierung haben. Eine Regierung sollte Angst vor ihrem Volk haben.“
„Jedes Mal, wenn sich die Welt verändert hat, war es immer nur zum Schlechteren.“
„Künstler lügen, um die Wahrheit zu sagen. Politiker lügen, um die Wahrheit zu vertuschen.“
„Eine Revolution ohne Tanzen ist eine Revolution, die sich nicht lohnt.“

© 2006 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.

Jeder Film kann sich glücklich schätzen, wenn er ein oder vielleicht zwei gern zitierte Dialogzeilen zu bieten hat, die im Kopf bleiben oder gar Teil des Zeitgeists werden, aber in V wie Vendetta gibt es so viele gute Dialogzeilen, dass ich daraus den ganzen Tag lang zitieren könnte.

Obwohl der Film auf hoffnungsvolle Weise endet, sind es letztlich doch die tragischen und traurig machenden Aspekte, die für mich überwiegen, und mich in einer trübsinnigen, nachdenklichen Stimmung zurücklassen. Ich wünschte mir, dass sich mehr Menschen dieser Stimmung gegenüber öffneten – denn ein Leben das ausschließlich mit Freude und positiven Stimmungen erfüllt ist, ist genauso inhaltsleer wie eines, das nicht in der Lage ist, Freude in den kleinen und schönen Dingen, die diese Welt gelegentlich zu bieten hat, zu sehen oder zu finden. Ich wünschte, mehr Menschen schauten Filme so wie ich sie schaue, fühlten sie so wie ich sie fühle und strebten wonach ich strebe, nämlich sie auf emotionale Weise wirken zu lassen, anstatt sie auf rationale Weise zu verinnerlichen. Geschähe das, so hätten wir eine Welt voller Menschen, die die Tatsache feierten, dass anders nicht gleich abscheulich bedeutet und, dass die Bedeutsamkeit der Freiheit und eine aufrichtige Offenheit gegenüber der Not der anderen – ganz gleich, wie schwer es auch sein mag, sich in deren Lage zu versetzen – niemals vergessen werden darf.

Another perspective

Ralf

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